Nadezda Andreeva
Die Modern Folklore – „Belauschte Lieder“ von Assen Rastzvetnikov
Summary
Der Zyklus “Belauschte Lieder” von Assen Rastzvetnikov besteht aus dreizehn Gedichten; sie sind wahrscheeinlich im Jare 1944 geschrieben worden. Das belauschen weckt die Erinnerung an den alten poeta vates, der Dichter-Seher, den Vermittler zwischen Göttern und Menschen. Die Stimmen des Jenseits lehren ihn die Vergangenheit deuten und in die Zukunft sehen. Ähnlicherweise fassen die Kelten die Taten ihrer Barden auf. Die Theorien von Zeichen (Umberto Eco), von der Sprache (M. Heidegger) und der Tradition als Grundelement der Hermeneutik (Gadamer) bieten eine neue Sicht auf das dauernde Interesse Rastzvetnikov für die Folklore.
“Belauschte Lieder” sind Liebesgedichte. Sie illustratiren den Gedanken Rastzvetnikov die Poesie sei eine synthetische Kunst. Die Ehe, bzw. die Hochzeit wird als Sinnbild der Antinomie Künstler-soziale Wirklichkeit gedeutet: das Gestz der Gesamtheit unterordenet den Einzelnen, das Allgemeingültee behauptet seine Macht über die geopferte Individualität. Das Problem ist für die europäische Literatur nach der Romantik kennzeichend und wird verschiedenartig in der modern lyrik des 20. Jhs. behandelt. Das Verhältinis Rastzvetnikov zur Folklore darf nicht mit den folklorristischen Interessen eines aufgeklärten Forchers oder ienes epigonalen patriotischen Spätromantikers gleichgestellt werden. Es teilt die Beziehung der europäishen Modernität zur philosophischen Hermeneutik, ihren feinfühligen intellektualismus und ihr Interessee für die Tradition. Die bulgarische Folklore gibt Rastzvetnikov ein neues Wissen. Sie eröffnet ihn wege zun seelischen Untergrund des modernen Menschen, bereichert seine poetische Aussage mit einer sinnreichen archaischen Metaphorik.